Der Urenkel des Grüngürtelplaners Fritz Encke erinnert sich

Uns erreichte ein Brief von Walther Lehnert, ein Urenkel von Fritz Encke, der von 1903 bis 1926 städtischer Gartendirektor in Köln war. Fritz Encke plante und gestaltete eine Vielzahl der heutigen Kölner Parkanlagen unter anderem den Vorgebirgspark, den Blücherpark, den Klettenbergpark, den Beethovenpark und den Rheinpark. Darüber hinaus wirkte er maßgeblich bei den Planungen des Äußeren Grüngürtels mit.

Sein Urenkel Walther Lehnert schrieb den folgenden Brief zunächst an unsere Oberbürgermeisterin Frau Reker. Der Brief zeigt die Intentionen der Väter des Grüngürtels aus erster Hand – eine privilegierte Nutzung des Grüngürtels, wie sie der 1.FC Köln plant, entspricht in keinster Weise den damaligen Vorstellungen und Plänen! Auch der aktuell diskutierte „Kompromiss“ der Stadtverwaltung entspricht  den geplanten Charakter des Grüngürtels nicht. Wir werden uns daher weiter gegen einen Ausbau stellen.

Mit der Einwilligung von Walther Lehnert veröffentlichen wir diesen Brief an dieser Stelle sehr gerne und bedanken uns für die Worte!


Sehr verehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,

es ist ein Glück Ihnen schreiben zu dürfen. Es ist so wichtig, wer zu bestimmter Zeit die Geschicke von Menschen, die Geschicke einer Stadt verantwortungsvoll leitet. Ihre Stadt, die auch die Stadt meiner Vorfahren ist, mein Urgroßvater Fritz Encke ist mit seinen Parkanlagen in Köln mehr oder manchmal leider auch weniger geachtet und lebendig, ist als viertgrößte Stadt Deutschlands sicher eine der schönsten, so denke ich ganz persönlich. Der Rhein, ein Geschenk, der Dom, ein Wunder der Baukunst, die romanischen Kirchen, Geschichte, Lebendigkeit und Karneval. Und, durch eine Fügung, nämlich die, dass mit Konrad Adenauer, Schumacher und Encke Menschen mit Weitblick mit Vision die Gelegenheit ergriffen, etwas Einzigartiges für Köln und für seine Menschen zu schaffen, das Kölner Grünsystem.

Dies Grünkonzept ist einmalig in Europa, weit geachtet in der Welt, ein Exportschlager für den zukünftigen Städtebau. Die Kölner können stolz auf diese drei Persönlichkeiten sein und dokumentieren dies auch durch Benennung von Straßen u. a. und sie erkannten 1980, dass diesem Kulturgut Schutz und Sorge gebührt, was in der Tatsache gipfelte, dass der Äußere Grüngürtel am 1. Juli 1980 als Denkmal in die Kölner Denkmalliste Aufnahme fand.

Natürlich weiss ich nicht, in wieweit Sie sich mit dem Konzept meines Urgroßvaters Fritz Encke auseinandergesetzt haben, gehe aber davon aus, dass verantwortungsvolle Politik sich um Kompetenz bemüht, dem Recht verpflichtet ist und zum Wohle der Allgemeinheit sein Handeln leiten lässt.
Mit Freude las ich, dass Sie, verehrte Frau Oberbürgermeisterin, ihre Kindheit und Jugend nicht weit von den Gleueler Wiesen, dem Ort der Bebauung durch den 1. FC Köln verbracht haben. Gerade letztens stand ich nach einem kräftigen Regenschauer dort und war von dem Blick überwältigt, der sich mir bot. Da war nicht nur eine Wiese, es war Wald, eine Lichtung, erfahrbare Natur, die Ihre Bürger, ohne Grenzen der Herkunft, lebendig nutzen. Ein Geschenk, eine Verantwortung aber eben auch. Weiter las ich, dass Sie mit einem Studium der Rechtswissenschaften sicher eine besondere Affinität zum gelebten Recht haben; das weckt in mir die Hoffnung, das Köln mit Ihnen wieder zur rechten Zeit, den richtigen Menschen an seiner Spitze hat und dies nach dem, was Ihnen zu erleben aufgegeben worden ist. Sicherlich berührt Sie das gerade in London Geschehene auf eine besondere Art und ich bewundere Ihre Kraft und Ihren Mut.

Am 14.6.16 war ich gerade auf einer Diskussionsveranstaltung, bei der ich feststellen musste, dass die Diskussionsbeiträge der Politiker, es waren Vertreter der FDP und der SPD beteiligt, den Denkmalschutz sehr gering achteten; mein Versuch ging dahin, die Gründe klar zu machen, warum ein Eingriff seitens des FC im Denkmal nicht möglich ist. Dem äußeren Grüngürtel kommt sowohl aus materiellen als auch immateriellen Gründen hohe Bedeutung zu. In der Diskussion sprach ich Freiräume, Silhouetten und Sichtbeziehungen ebenso an wie die städtebauliche, künstlerische und historische Bedeutung, die zur Erklärung des Denkmals geführt haben. Bei Th. Nußbaum findet sich wohl die kleine „6“, die sich mit gemähten Wiesenplätzen zur allgemeinen Sportlichen Betätigung deuten lässt, nicht aber mit einem Leistungszentrum gewaltiger Ausmaße, deren Nutzung keineswegs, wie allen früheren Planungen implizit, der gesamten Kölner Bevölkerung offen stehen wird. – Bereits das Geißbockheim ist eine „Sünde“, mißachtet den Denkmalschutz. Bei einem Besuch fand ich keine alte Bausubstanz, aber ich hatte nicht genau genug geguckt, es gibt da einen Eckstein oben irgendwo, so erfuhr ich von Herrn Purwien dankenswerter Weise. Bereits hier hat die Stadt Köln ihre Pflicht, das Denkmal zu schützen, versäumt, aber dies Kind ist ja bereits in den Brunnen gefallen. Nun haben sich bereits wieder Bürgerinitiativen der Sache annehmen müssen.

Sie sind Kölnerin und Oberbürgermeisterin und sicher Fan Ihrer Stadt – sicher auch Fan vom 1. FC Köln? Den mag ich auch, aber das berechtigt nicht, Gesetze auszuhebeln und den Sachverhalt so zu biegen bis er passt.

Mein Urgroßvater war Kind eines Pfarrers in Bad Homburg, er erfuhr eine christliche Erziehung voller Nächstenliebe, man packte allweihnachtlich Päckchen für die Mittellosen.fritz_encke

Er verabscheute es sein ganzes Leben lang, für sich Sonderrechte in Anspruch zu nehmen, die ihm nicht zustanden. Eine kleine Geschichte aus der Familie mag dies deutlich machen:
Sein ältester Sohn Hans Encke, er war Superintendent Ihrer Stadt, hatte im ersten Weltkrieg sein Bein verloren und trug ein Holzbein, auf dem ich die Ehre hatte, auch mal reiten zu dürfen. Der junge Hans Encke traf seinen Vater in der Stadt, man hatte den gleichen Weg. Der alte Encke fuhr im Dienstwagen, sein Junge begehrte mitgenommen zu werden, der Vater wehrte ab, ein Dienstwagen ist nur für den Dienst zu nutzen. Hans Encke musste mit Holzbein auf andere Art nach Hause kommen. – Das sind Prinzipien, die hart anmuten, aber moralische Integrität spiegeln.

Vor diesem Hintergrund stellt sich mir die Frage, warum will man dem ersten FC Köln solch ein massiv in den Sinn und Zweck des Kölner Grüngürtels eingreifendes Unterfangen erlauben? Vor dem Hintergrund seiner Erziehung und Herzensbildung dachte Encke bei Sportanlagen, die sicher im Grüngürtel legitim sind, an Plätze, die der Allgemeinheit, den Kindern und Jugendlichen vorort zur Verfügung stehen sollten. Damals lag der äußere Grüngürtel am Rande der Stadt, heute wohl eher noch mittendrin. Die Fläche, die der 1. FC Köln nutzen will, ist groß, ist wohl kaum für jeden kleinen „Kicker“ aus der Umgebung zu nutzen. Gebäude, Ballwurfanlagen, Kunstrasen, ich weiss, meinem Urgroßvater gefiele dies bei dem Gedanken an den Volksgarten nicht! – Man spricht viel von dem Köl’schen Klüngel, ich dachte man spricht nur davon, kann es auch jetzt noch kaum glauben, dass so etwas möglich ist ohne ihn.

Als Politiker muss man viele Entscheidungen treffen, eben auch solche, die bei einem Verein wie dem 1. FC Köln auf Unverständnis stoßen, Bauträger wird eine GmbH sein, Einzelinteresse gegen Gemeinwohl. In Gedenken an meinen Urgroßvater und in Gedenken an das Werk „Äußerer Grüngürtel“ mag ich nochmals auf die eben erzählte Familienbegebenheit verweisen. Es gibt keinerlei Recht auf die Befindlichkeit des FC einzugehen, zumal vor dem Hintergrund, dass es zumutbare Alternativen gibt.

Kürzlich las ich im Grüngürtel Impuls Köln etwas vom „Faustpfand für Kölns Zukunft als Wohnstadt“ (S.48), gemeint ist der „Äußere Grüngürtel“, bitte stellen Sie sich schützend vor ihn, ich vertraue auf Sie
Mit herzlichem Gruß
Walther Lehnert